Gelungener Auftakt für Jubiläumstour
Wenn es denn eine „Mutter aller Probleme“ gibt – dann ist es der Klimawandel, sagen die Klimaschützer. Das sich verändernde Weltklima zähle schon heute zu den häufigsten Fluchtursachen: Rund 196 Millionen Klimaflüchtlinge gab es zwischen 2008 und 2016. In den letzten 20 Jahren habe der Klimawandel bereits über eine halbe Million Tote gefordert und Schäden von 3 Billionen Euro verursacht. Und der Trend werde sich fortsetzen. Umso wichtiger sei es, jetzt etwas fürs Klima zu tun. Volker Quaschning, Professor an der HTW Berlin, kennt die Zahlen und Fakten, die er in seinem Vortrag am Donnerstagabend anschaulich für die rund 70 interessierten Besucher in der Aula der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule in Minden aufbereitete.
In Zeiten, in denen der US-Präsident den Klimawandel leugnet und eine der Parteien im Deutschen Bundestag dazu rät, aus allen Klimaabkommen auszusteigen, sei es höchste Zeit, mit vereinten Kräften die Energiewende voranzutreiben. Dafür bleibe nicht viel Zeit – bis 2040 müsse die Energiewende geschafft werden, um das Ziel von 1,5 Grad Erderwärmung, das beim Pariser Klimagipfel vereinbart wurde, einzuhalten. Das heißt, dass in den nächsten 20 Jahren eine Energieversorgung aufgebaut werden müsse, die vollständig ohne fossile Energieträger auskommt.
Was erst einmal utopisch erscheint, sei durchaus machbar, erklärte Quaschning: Der Flug zum Mond oder die Einführung des Smartphones hätten gezeigt, dass große technische Umwälzungen auch in kurzen Zeiträumen möglich sind. Dazu müsse die Politik Anreize schaffen, aber auch lenkend eingreifen. Als wichtige Meilensteine nannte der Experte den Verzicht auf Einbau von Gas- und Ölheizungen ab 2020, den vollständigen Umstieg auf E-Mobilität bis 2025, den Kohleausstieg bis 2030 und den beschleunigten Ausbau von Windkraft und Photovoltaik. Beides war zuletzt ins Stocken gekommen.
Eindrucksvoll zeigte der Wissenschaftler, dass seit der letzten Eiszeit die Temperatur um 3,5 Grad angestiegen sei. Zwischen 1900 und 2017 sei ein weiteres Grad dazugekommen. Bis 2100 könnten die Temperaturen um weitere fünf Grad steigen, wenn jetzt nichts unternommen würde. Schon jetzt zeige der Anstieg dramatische Folgen, die bald noch größere Ausmaße erreichen werden, vor allem durch den Anstieg der Meeresspiegel. Rund ein Drittel der Menschheit lebe in Küstenstädten, die schon durch einen geringen Anstieg bedroht seien.
Den Klimawandel zu leugnen, sagt Quaschning, sei in etwa so sinnvoll, wie nicht an die Schwerkraft zu glauben. Die Zahlen würden für sich sprechen und kein seriöser Wissenschaftler würde heute noch an der Tatsache zweifeln, dass sich das Weltklima durch den Einfluss des Menschen verändert. In Deutschland seien bereits sehr viele Menschen engagiert, doch sie müssten sich weiter vernetzen und Druck aufbauen. Das ist eines der zentralen Ziele des KlimaBündnis im Mühlenkreis.
Zusammen mit der EnergieAgentur.NRW, die seit 30 Jahren die Landesregierung bei der Energiewende unterstützt, hat der Verein in diesem Herbst drei Referenten in den Mühlenkreis eingeladen. Anlass ist das 10-jährige Bestehen des Vereins, der sich für eine schnelle Energiewende in der Region einsetzt. Bis 2030 soll der Kreis sich vollständig aus erneuerbaren Energien versorgen. Das sei ein hochgestecktes Ziel, betonte Rainer Rohrbeck in seiner Einleitung. Der letzte Sommer habe aber wieder gezeigt, wie dringend es sei, weiter mit vereinten Kräften auf diese Vision hinzuarbeiten. Das dafür jeder etwas tun kann, betonte auch Volker Quaschning: Eine Photovoltaikanlage aufs Dach, in ein E-Auto investieren und das Thema immer wieder in die Öffentlichkeit tragen – diese Ratschläge gab er den Anwesenden mit auf den Weg.
In ihren Grußworten gratulierten die stellvertretende Bürgermeisterin Ulrieke Schulze und Petra Schepsmeier, Energienetzwerkerin der EnergieAgentur.NRW, dem Klimabündnis zum Jubiläum und lobten das ehrenamtliche Engagement.
Rainer Rohrbeck freute sich über die gut besuchte Veranstaltung, vor allem aber über die angeregte Diskussion im Anschluss an den Vortrag. „Uns ist es wichtig, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und sie zu motivieren, selbst aktiv zu werden“, betonte er. Dazu gibt es schon bald eine neue Gelegenheit: Die Jubiläumstour macht am 25.10. Halt in Rahden. Dort spricht Prof. Claudia Kemfert über „Die wirtschaftlichen Chancen einer klugen Energiewende“. Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.
Bild zur Meldung: Gelungener Auftakt für Jubiläumstour
Fotoserien
Volker Quaschning in Minden (10.10.2018)
27.09.2018, 17:30 Uhr
Minden, Aula Kurt-Tucholsky-Gesamtschule
Prof. Volker Quaschning
„Energiewende und Klimaschutz -
Sind wir wirklich besser als Trump?“
Grußwort von Ulrieke Schulze (stellv. Bürgermeisterin Minden)
Vortrag Oliver Geißler (EnergieAgentur.NRW)