Dritte und letzte Jubiläumsveranstaltung: Sven Plöger in Bad Oeynhausen
„Ich rede zum Einstieg immer gern übers Wetter – und bleibe dann dabei“
Sven Plöger spricht in der vollbesetzten Wandelhalle
Was sind eigentlich gute Aussichten? In diesem Sommer hieß das vor allem Freibadwetter, aber ein guter ostwestfälischer Landregen hätte uns gut getan, erklärt Rainer Rohrbeck, Vorsitzender des KlimaBündnis im Mühlenkreis e.V., zur Eröffnung der dritten und letzten Jubiläumsveranstaltung. In ihren Grußwörtern gratulieren der Landrat Dr. Ralf Niermann, Bad Oeynhausens Bürgermeister Achim Wilmsmeier und Lothar Schneider (Geschäftsführer der EnergieAgentur.NRW) dem KlimaBündnis zu zehn Jahren Engagement für den Klimaschutz im Kreis.
So voll wie an diesem Abend hat man die Wandelhalle im Bad Oeynhausener Kurpark selten gesehen. Der historische Saal ist bis auf den letzten Sitz- und Stehplatz gefüllt. Die Besucher*innen sind gekommen, um sich Diplom-Meteorologe Sven Plöger anzuhören. Der eröffnet seinen kurzweiligen Vortrag mit dem Hinweis, dass er immerhin an diesem Abend nicht der einzige ist, der stehen muss. Der Hitzesommer ist auch sein Einstiegspunkt in das Thema „Klimawandel – gute Aussichten für morgen?“ Nach einem kalten März sei ab April schon durchgängig Sommer gewesen, alle Pflanzen hätten gleichzeitig geblüht.
Viel schlimmer als die Temperaturen sei jedoch die extreme Trockenheit gewesen. Bis August seien 92% weniger Niederschläge als im langjährigen Mittel gefallen und die Böden seien bis 70 oder 80 Zentimeter Tiefe trocken. Nach der frühen Ernte führe das nun zu Problemen bei der Aussaat. Seit dem Ende der 80er-Jahre sei der Trend zu höheren Temperaturen festzustellen. Daran hätten die Menschen einen großen Anteil. Die wachsende Bevölkerung und die steigenden Temperaturen werden uns schon bald zum Handeln zwingen. Die Frage ist nur: Wollen wir warten, bis wir nur noch reagieren können, oder jetzt tätig werden, um die notwendigen Veränderungen so fair wie möglich zu gestalten? Der zweite Weg, so Plöger, wird schwer werden. Zwar habe der Hitzesommer noch einmal bewusst gemacht, wie dringend gehandelt werden muss, aber es sei sehr langwierig und kompliziert, auf internationaler Ebene zu Vereinbarungen zu kommen. Der Klimawandel sei eine Aufgabe, die ganz langsam auf uns zukommt, wie ein Asteroid, der sich der Erde in Zeitlupe nähert. Wäre er schneller, würden in kürzester Zeit Abwehrmaßnahmen getroffen.
Die Grundfrage des Abends: „Ist das noch Wetter oder schon Klima?“ beantwortete der Meteorologe mit einem kleinen Exkurs. Wetter sei direkt fühlbar. Es werde von einer schier unüberschaubaren Anzahl von Faktoren beeinflusst, die nicht vollständig vorherzusehen sind. Wetter sei eben „determiniertes Chaos“. Dagegen betrachte man beim Klima deutlich längere Zeiträume. Hier gehe es z.B. um die Frage, ob es früher wirklich mehr Schnee gab oder ob uns die Erinnerung einen Streich spielt. (Die Antwort lautet: Ja, früher gab es tatsächlich mehr Schnee). Aber auch die Erkenntnis, dass Starkregenereignisse häufiger werden, beschäftigt die Klimaforscher. Sie betrachten die Gesamtheit der Wetterereignisse über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren, um Veränderungen feststellen zu können. Das sei nicht fühlbar, sondern Statistik.
Drastische Klimaveränderungen habe es in der Geschichte der Erde schon häufiger gegeben – zur Zeit der Dinosaurier gab es nirgendwo auf dem Planeten Eis – aber nie habe sich das Klima so schnell verändert. In den nächsten 100 Jahren könne, wenn man nichts unternimmt, mit einer Erwärmung von 2 bis 4 Grad gerechnet werden. Bei einem Anstieg der Meeresspiegel von nur einem Meter würden 150 Millionen Menschen eine neue Heimat brauchen. Vor allem der Rückgang des arktischen Eises mache dabei Sorgen – je mehr dieses zurückgehe, desto weniger Sonnenlicht werde reflektiert. Schon jetzt zeige sich in den kalten Regionen ein schnellerer Temperaturanstieg als in anderen Klimazonen. Die immer geringeren Temperaturunterschiede zwischen Nord und Süd beeinflussen auch den Jet Stream. Wird der schwächer, kommt es zu mehr extremen Wetterlagen, die auch länger an einem Punkt bleiben. Die andauernden Unwetter in Norditalien seien ein Beispiel dafür, aber auch der heiße, trockene Sommer in Deutschland.
Was also tun? Heute werden 80 Prozent der Energie mit fossilen Mitteln erzeugt, obwohl die Sonne 6000-mal mehr Energie auf die Erde abstrahlt, als wir brauchen. Durch erneuerbare Kombikraftwerke sei es möglich, auch bei steigendem Verbrauch die Emissionen zu senken. Auch Windkraft sollte dabei zum Einsatz kommen. Auf den Einwand, Windräder würden die Landschaft verschandeln, reagiert Plöger mit einem Hinweis auf die Strommasten, die auch überall zu sehen sind, aber niemanden stören. Wenn niemand Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke will, aber trotzdem jederzeit Strom aus der Steckdose kommen soll, sei das eben der Preis. Auch neue Lösungen in der Mobilität sollten überdacht werden. Er wolle keine Neiddebatte starten, aber man müsse sich schon fragen, ob man, um 85 Kilogramm Mensch zu bewegen, unbedingt zwei Tonnen Blech mitnehmen müsse. Dass der Einzelne ohnmächtig sei, erklärt Sven Plöger zum Schluss, sei ein Denkfehler. Jeder und jede Einzelne könne einen Beitrag leisten und mit lokalem Handeln die globale Lage verändern.
Bild zur Meldung: Lothar Schneider, Achim Wilmsmeier, Sven Plöger, Rainer Rohrbeck, Barbara Brendel und Dr. Ralf Niermann (v.l.n.r.) Bild: Stadt Bad Oeynhausen, V. Müller-Ulrich